Atomkraftverlängerung: Seit Mitte Februar ist klar: die Abhängigkeit Deutschlands gegenüber fossilen Rohstoffen aus Russland ist gewaltig. Knapp die Hälfte der deutschen Gasimporte stammen aus Russland. Gas, mit dessen erlös – obwohl Habeck es abstreitet – der schreckliche und menschenverachtende Krieg in der Ukraine finanziert wird. (Quelle) Die Schlussfolgerung ist logisch: Deutschland und die ganze EU müssen möglichst schnell unabhängig von Putin werden. Seit dem 24.02. haben Kohle, Öl und Gas Exporte in den ersten 100 Tagen in Putins Kriegskasse gespült, so Lauri Myllyvirta, Umweltökonomin im Zentrum für Energie- und Luftforschung im Helsinki. Über 60% davon aus der EU. (Quelle)

Unabhängigkeit von Russischem Gas ist schwer – es braucht andere Energiequellen: 2021 lag der gesamtdeutsche Energieverbrauch bei 12.265 Petajoule, also umgerechnet 3,4 Billionen kWh. (Quelle) Weil wir die benötigte Energie in Deutschland nicht sofort drastisch reduzieren können braucht es andere Lösungen, die Energie zu gewinnen: Einer der Vorschläge ist es die Atomenergie in ihrer Laufzeit zu verlängern: Lindner dazu auf Twitter: „Wir sollten aber auch offen diskutieren, ob die verbliebenen Kernkraftwerke in den nächsten Monaten und wenigen Jahren einen Beitrag leisten können. CL“ (Tweet) Auch Friedrich Merz spricht sich für AKW-Laufzeitverlängerungen aus: „Es macht keinen Sinn, Kraftwerke abzuschalten, die Strom erzeugen und dafür Gaskraftwerke laufen zu lassen, die auch Strom erzeugen. Wir wollen alle Optionen offen halten, die es im Moment gibt“ (Quelle) Doch das Verlängern der Atomkraft ist weder sinnvoll, noch einfach möglich. Es kostet Milliarden und ist unrentabel.

Eine kurze faktenbasierte Aufarbeitung zum Thema:

Atomkraft-Laufzeitverlängerung: Laufzeiten der AKWsAtomkraftwerke müssen einen hohen Sicherheitsstandart erfüllen um in Betrieb sein zu dürfen: Um ein sicheres Laufen des Kraftwerkes zu ermöglichen müssen sich alle AKWs einer regelmäßigen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) unterziehen.Das Bundesumweltministerium schreibt dazu auf ihrer Website: (Quelle)„Die drei AKW sind sicherheitstechnisch zwar grundsätzlich auf einem hohen Niveau. Allerdings gab es mit Blick auf das Betriebsende zu Ende 2022 eine gesetzliche Ausnahme von einer wesentlichen Prüfpflicht, nämlich der Sicherheitsüberprüfung (PSÜ), die nach internationalen Sicherheitsstandards alle zehn Jahre erforderlich ist. Diese umfangreiche AKW-Sicherheitsüberprüfung hätte für die drei Atomkraftwerke im normalen Rhythmus 2019 vorgelegt werden müssen, da die letzte 2009 stattfand. Eine erneute Vorlage 2019 war wegen der endgültigen Abschaltung spätestens Ende 2022 ausnahmsweise nicht erforderlich. Bei einem Weiterbetrieb nach dem 1.1.2023 wäre also die letzte PSÜ 13 Jahre alt, eine neue wäre zwingend geboten. Die Prüfung ist ein über Jahre währender Prozess, in dessen Verlauf erkanntes Verbesserungspotenzial laufend umgesetzt wird. Da es in den letzten Jahren zwar reguläre Komponenten-Prüfungen gab, aber eine grundlegende Sicherheitsanalyse und Überprüfung der Störfallszenarien anhand des neuen Regelwerks von 2012 weitgehend unterblieben ist, sind unerkannte Defizite nicht auszuschließen. Deshalb wären massive Investitionsbedarfe in die Sicherheitstechnik ebenfalls nicht auszuschließen“Kurz zusammengefasst würde es über 1 Jahr dauern und Milliarden kosten, die Kraftwerke auf den neusten Stand zu bringen. (Quelle) Für den Fall, dass man die Sicherheitsprüfung erneut aussetzen würde, würden Kraftwerke zunehmend unsicher und das Atomgesetz müsste geändert werden.

Auch dies benötigt viel Zeit Brennelemente fallen nicht vom HimmelDie AKW Betreiber*innen bereiten sich seit mittlerweile 11 Jahren auf den Atomausstieg vor. In den Jahren wurden Restbestände der Brennstäbe, die benötigt werden, um Energie zu gewinnen aufgebraucht. Die Brennelemente müssen bestellt, geprüft und produziert werden. (Quelle) Das Ministerium dazu: „Die Produktion von neuen Brennelementen dauert mindestens 12 bis 15 Monate. […] Selbst bei sofortiger Bestellung und beschleunigter Abwicklung wäre deshalb – bestenfalls – mit einer Nutzung nicht vor Sommer/Herbst 2023 zu rechnen. […] Für den Winter 2022/23 wäre aus diesen Kraftwerken also schon rein aus Brennstoff-Gründen keine Stromproduktion zu erwarten“ (Quelle) Der Hersteller Westinghouse sagt zwar, Brennstäbe bis zum Ende des Jahres zu produzieren, aber nur unter erheblichem Mehraufwand.Auch hier kurz zusammengefasst: Bis die AKWs wieder Brennstoff haben vergehen in jedem Fall viele Monate. Bis dahin bräuchte es allerdings schon andere sinnvolle Möglichkeiten.

Verschwindend geringer Effekt: Selbst wenn all diese Probleme wie auf magische Weise gelöst werden könnten, würde die Atomkraft kaum helfen. Aktuell tragen die Atomkraftwerke – laut Claudia Kemfert vom deutschen Institut für Wirtschaftsforschung – nur etwa 6% zum Strom bei.(Quelle) Ein sehr geringer Wert, zumal die Kraftwerke im Sommer ineffektiv arbeiten. Richtig gelesen: Atomkraftwerke sind bei höheren Temperaturen weniger Effektiv: Für das Betreiben eines AKWs benötigt man große Mengen Kühlwasser, dass verhindert, dass der Reaktor überhitzt. Weil im Sommer Seen und Flüsse, sowie die Lust aber deutlich wärmer sind, als im Winter muss die Leitung der Kraftwerke gedrosselt werden. (Quelle / Quelle) Gaskraftwerke müssten aber trotz Atomkraftwerken in gleicher Form weiterlaufen, weil sie die Schwankungen im Stromnetz, die durch erneuerbare Energien entstehen ausgleichen müssen. Atomkraft sind zu groß und schwerfällig um dazu einen Beitrag zu leisten.Außerdem wird in dieser Debatte immer wieder vergessen, dass Deutschland keinen Strommangel, sondern ein Gasmangel hat, AKWs produzieren Strom. Gaskraftwerke hingegen Produzieren Fernwärme.Betreiber*innen sagen nein:Alle drei Betreiber*innen der in Deutschland noch laufenden Atomkraftwerke haben Laufzeitverlängerungen eine Absage erteilt. Am Dienstag erklärte etwa RWE der Deutschen Presseagentur: „Unser Kraftwerk in Emsland ist auf den Auslaufbetrieb zum Ende des Jahres ausgerichtet, zu dem Zeitpunkt wird der Brennstoff aufgebraucht sein. Ein Weiterbetrieb über den 31.12.2022 hinaus wäre mit hohen Hürden technischer als auch genehmigungsrechtlicher Natur verbunden.“ (Quelle) Insgesamt halten es Betreiber*innen für unrealistisch die Kraftwerke am Netz zu lassen.

Atomkraftwerke sind ein Umwelt- und Klimakiller: Im Bericht des IPCC aus dem Jahre 2014 werden die Emissionen von AKWs zusammengefasst: Eine Kilowattstunde Strom aus dem Kraftwerken ist für bis zu 110 Gramm CO² Äquivalent verantwortlich. (Quelle) Das ist zwar immer noch weniger als Gas oder Kohlekraft, aber ein vielfaches (bis zu 20x) mehr als durch erneuerbare Energien.Das Problem sind die Unmengen Atommüll: Radioaktive Abfälle strahlen hunderttausende Jahre und verpesten die Umwelt. Das Problem mit dem Atommüll ist ein langfristiges, denn egal wie lange man nach einem geeigneten Ort für den Müll sucht: Die Strahlung überdauert die Lösung. Ein Beispiel hierfür ist das Atommüllendlager ASSE II bei Wolfenbüttel: Ab 1970 wurden im alten Salzstock ASSE II zehntausende Fässer mit radioaktivem Müll abgelagert. Anfangs wurden die Fässer noch fein säuberlich gestapelt und per Gabelstapler an eine „sichere“ Position gebracht. Ab 1974 sind es allerdings derartige Berge radioaktivem Mülls, dass schlampig gearbeitet und die Fässer einfach nur in die schächte geschmissen werden. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich schon mindestens 9 Kilogramm Plutonium (ein Stoff, der schon ab einem millionstel Gramm Krebs auslöst) in dem Bergwerk. (Quelle)

Die ASSE geht unter: Heute fließen im Schnitt 12.000 Liter Wasser durch Spalte, Löcher und Ritzen in das Endlager und füllen es Stück für Stück wie einen radioaktiven Swimmingpool auf. Um es noch besser zu machen, weiß niemand, wie viele der über 100.000 Fässer noch intakt sind. Die Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers steigt jeden Tag, das zu verhindern kostet Milliarden. (Quelle) Das ist nur eines von Unmengen an Beispielen, wie Atomkraft die Umwelt zerstört.

Fazit: Das Verlängern der Laufzeiten von AKWs ist mit einem enormen Kostenaufwand verbunden, denn es müssen Brennstäbe gekauft werden, es braucht eine genaue Überprüfung der Reaktoren auf ihre Sicherheit und rechtliche Verfahren könnten Zeit kosten. Parallel macht die Atomkraft einen verschwindend kleinen Teil des deutschen Energiebedarfs aus, der in keinem Zusammenhang mit anderen Faktoren steht. Atomkraft könnte auch den Ausbau der erneuerbaren bremsen, weil sich auf dem Atomstrom ausgeruht wird. Atomkraft ist und bleibt eine gefährliche Sache: Menschen machen Fehler und Naturkatastrophen werden durch den Klimawandel schlimmer. Die Gefahr, dass es zu einem Atomunfall wie in Tschernobyl und Fukushima ereignet steigt mit den steigenden globalen Temperaturen rapide. Und auch die Betreiber*innen halten die Verlängerung für unrealistisch.Stattdessen braucht es jetzt einen nie dagewesenen Ausbau erneuerbarer Energien, um die Abhängigkeit von Russischem Gas, Kohle und Öl zu reduzieren. Dafür braucht es von eben dem Lindner, der in seiner freizeit gerne Fakten leugnet, echte Maßnahmen und finanzielle Mittel. Christian Lindner und Friedlich Merz wissen um all diese Fakten und ignorieren sie, denn es geht ihnen eigentlich nur darum den kleinen Prozentsatz, der immer noch für Atomkraft ist auf ihre Seite zu bringen. CDU und FDP betreiben rückwärts gewandte Politik, ohne Interesse an echter Veränderung, geschweige denn Klimaschutz.


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